„Wir brauchen jeden einzelnen Praktiker in der Forschung“

Das Hauptanliegen der Homöopathie-Stiftung ist die Förderung der Homöopathie-Forschung. Auf dem WissHom-Kongress ICE 19 im November 2019 in Köthen haben wir mit Referentinnen und Referenten und Teilnehmern gesprochen. Eine Frage, die wir immer gestellt haben ist, was nimmt ein Praktiker von einem Forschungskongress mit nach Hause.

Interview mit Dr. med. vet. Petra Weiermayer, Fachtierärztin für Homöopathie. Sie war von 2015 bis 2018 Generalsekretärin der IAVH, der Internationalen Gesellschaft für Veterinärmedizinische Homöopathie, seit 2018 ist sie Präsidentin der ÖGVH, der Österreichischen Gesellschaft für Veterinärmedizinische Homöopathie und seit 2019 Leiterin der Sektion Forschung von WissHom.

Vorbericht

Im Rahmen des Symposiums zum 12. Europäischen Antibiotikatag, wurde u.a. der Frage nachgegangen, wie in der Human- und Tiermedizin Antibiotika reduziert werden können. Organisiert wurde diese internationale Veranstaltung vom österreichischen Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz in Kooperation mit der Medizinischen Universität Wien, der Veterinärmedizinischen Universität Wien, dem Ordensklinikum Linz und der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit. Eine Rednerin war Dr. Petra Weiermayer, die in ihrem Vortrag den Schwerpunkt auf Integrativmedizin inklusive Homöopathie legte. „Der Vortrag ist sehr gut angekommen“, erzählt sie, „so gut, dass Fragen zu Ausbildungsmöglichkeiten in der Veterinärhomöopathie und zur praktischen Anwendung dieser gestellt wurden.“ Details sind in einer Pressemitteilung zusammengefasst bzw. kann der Vortrag auf der Webseite der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit nachgelesen werden.

Wie ist Ihre Erfahrung – kann die Homöopathie eine Antibiotika-Reduzierung im Stall unterstützen?

Ja, auf jeden Fall. Wir können homöopathische Arzneimittel dort einsetzen, wo Antibiotika noch nicht indiziert sind, bzw. in den Bereichen, in denen Antibiotika nur eingeschränkt wirksam sind wie bei chronischen Mastitiden. Es gibt einige Bereiche, in denen Antibiotika nicht primär angezeigt sind, aber trotzdem sehr oft verwendet werden.

Ihr Fachgebiet ist die Behandlung von Pferden. Haben Sie ein kurzes Fallbeispiel?

Ja, gerne. Ich betreute ein Pferd, das nach einer state-of-the art Therapie einer Verletzung, durchgeführt an einer renommierten Pferdeklinik, nicht mehr auf Antibiotika ansprach. Es hatte eine postoperative Wundheilungsstörung mit einem antibiotikaresistenten Keim entwickelt. Durch die klassisch homöopathische Therapie mit Silicea terra C30 ist die Wunde komplikationslos abgeheilt. Dies sind Situationen, in denen ich froh bin, eine weitere Therapieoption zur Verfügung zu haben.

…und Ihr Thema auf dem Kongress war ja auch die Tiermedizin.

Genau, ich habe den eben kurz geschilderten Fall ausführlich dargestellt und neben der gesetzlichen Verankerung der Veterinärhomöopathie vor allem auch die vielversprechende Studienlage mit speziellem Fokus auf die Antibiotikaresistenzproblematik vorgestellt. Die EU-Bioverordnung verlangt seit mehreren Jahren in der Bio-Landwirtschaft den bevorzugten Einsatz von Homöopathie und Phytotherapie. Zudem hat sich gezeigt, dass Tierärzte mit komplementärmedizinischer Ausbildung signifikant weniger Antibiotika verschreiben als konventionell arbeitende Kollegen.  Eine relevante deskriptive Studie wurde zum Beispiel im Rahmen des Kometian-Projekts in der Schweiz durchgeführt. Die Autoren konnten zeigen, dass mit Hilfe der Komplementärmedizin und vor allem der Homöopathie eine Antibiotika-Reduktion um 33 Prozent möglich war. Das ist ein Potential, das wir angesichts der globalen Bedrohung durch die Antibiotikaresistenzproblematik definitiv nutzen müssen.

Wie schätzen Sie die öffentliche Debatte zur Homöopathie ein?
Wenn ich die aktuelle Situation in Bayern verfolge, dann geht die Debatte in die richtige Richtung. Der Bayerische Landtag hat Anfang November dem Antrag zu einer Studie stattgegeben, in der das Potential der Komplementärmedizin zur Antibiotikareduktion untersucht werden soll.

Was kann der Praktiker von diesem Forschungs-ICE mit nach Hause nehmen?

Wir brauchen jeden einzelnen Praktiker in der Forschung vor allem für die Fallberichterstellung. Im Umkehrschluss hat auch jeder Praktiker etwas von den Fallberichten: Einerseits wird die Homöopathie gestärkt, wenn ein Fall in einem konventionell wissenschaftlichen peer reviewed Journal erscheint und andererseits verbessern Fallberichte unsere tägliche Praxis.

Aber wie dokumentiert der Tierarzt/Arzt seine Fälle am besten, gibt`s da Unterstützung?

Ja, die gibt es im Prinzip auf drei verschiedenen Ebenen. Eine Expertengruppe ist mit einem Forschungsprojekt betraut Guidelines zur wissenschaftlichen Erstellung von homöopathischen Fallberichten zu erarbeiten. Noch sind sie nicht erschienen, aber es darf bald damit gerechnet werden. Es gibt aber auch ein Online-Projekt und ich lade alle Praktiker aus der Human- und Veterinärmedizin ein, sich dort einmal einzuloggen, um gemeinsam an Fallberichten zu arbeiten. Bitte einfach per Email an mich wenden: forschung@wisshom.de. Geplant ist zudem noch ein WissHom-Workshop zum persönlichen Austausch zu diesem Thema geben.

Haben Sie ein Amt bei WissHom?

Ja, ich bin seit heute die Leiterin der Sektion Forschung. Ein Ziel von mir ist, mehr Praktizierende in die Forschung hineinzubringen, und mehr Forschung zu den Praktizierenden zu bringen.